Wegwerfkatzen – Gekauft, geliebt … entsorgt

Ob es nun Halter sind, die nach dem Motto «defekte Ware gehört entsorgt» allzu schnell das Einschläfern des Tieres fordern, oder Tierärzte, die nicht bereit sind, auf eigene Rechnung einem Tier in Not beizustehen: Es scheint, als habe sich die Wegwerfmentalität auch in Bezug auf Katzen in unseren Alltag geschlichen.

Text: Esther Geisser

«Über 1000 Franken?» Die Halterin von Emilio ist entsetzt. «Dafür kriege ich ja eine jüngere, neue Katze!» Emilio, der vierjährige British-Shorthair-Kater sitzt während dieses Gesprächs in einer Kleintierklinik auf dem Untersuchungstisch des Tierarztes und schnurrt. Er weiss nicht, dass seine Halterin gerade beschlossen hat, dass eine für ihn dringend notwendige Operation für sie nicht in Frage kommt und sie ihn lieber einschläfern lassen will. Die Verstopfung seiner Harnröhre lässt sich leider nicht mehr durch Katheterisieren und Spülen lösen, weshalb eine Penisamputation notwendig wäre. Der Eingriff wäre rasch gemacht und Emilio könnte mit Diätfutter ein langes, gesundes und erfülltes Katerleben führen. Aber seine Halterin scheut den Kostenaufwand.

Luna, so nennen wir sie hier, wird als Notfall – vermutlich wurde sie von einem Auto angefahren – in eine Tierarztpraxis eingeliefert. Ein aufmerksamer und tierliebender Fussgänger hat sie verletzt am Wegrand gefunden und sie sofort zum Tierarzt gebracht. Der zuständige Tierarzt prüft, ob das Unfallopfer gechippt ist oder über ein Halsband mit Adresse verfügt. Fehlanzeige! Auch in der Datenbank der Schweizerischen Tiermeldezentrale (STMZ) ist Luna nicht als vermisst gemeldet. Die Verletzungen sind mittelschwer, eine Behandlung kostspielig. Doch wer soll diese Kosten tragen? Das Büsi hat offenbar niemanden, der über sein Schicksal entscheiden kann.

Micky hat zwar einen Halter, doch dieser gibt den kleinen Kater in einer Box am Empfang der Tierarztpraxis ab mit dem Hinweis, ein Hund habe Micky angefallen und man solle ihn von seinen Leiden erlösen. Der Tierarzt stellt fest, dass Mickys rechtes Vorderbein durch einen Biss gebrochen ist. Ein chirurgischer Eingriff würde das Bein richten, aber der Halter hat kein Interesse. Er habe ja auch noch alle Wurfgeschwister von Micky und weitere Katzen auf dem Hof, da spiele ein Tier mehr oder weniger keine Rolle – Geld aber schon.

Nemo hatte ebenfalls eine Halterin. Diese ist allerdings gestorben und die Hinterbliebenen haben kein Interesse an ihm. Sie bitten deshalb den Tierarzt, sie von Nemo zu erlösen. Der Kater sei aggressiv, wird als Erklärung vorgeschoben.

Wie Emilio ergeht es vielen Katzen. Sie werden aus den unterschiedlichsten Gründen angeschafft. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Rassekatze aus einer renommierten Zucht, ein vierbeiniges Ergebnis einer Hobbyzucht, ein Bauernhofbüsi von nebenan oder ein Strassenkätzchen aus dem Ausland handelt. Wenn sie krank werden oder verunfallen und ihre Genesung hohe Kosten im vier- oder gar fünfstelligen Bereich verursachen, geht das vielen Menschen zu weit. Die Rechnung ist schnell gemacht: Warum sollte man teure Operationen oder Behandlungen bezahlen, wenn man für dasselbe Geld oder billiger ein neues Tier bekommt?

Lesen Sie den ganzen Artikel von Esther Geisser im Katzen Magazin 1/2015.

geschrieben von:
Esther Geisser

Esther Geisser

Esther Geisser ist Personalchefin, Juristin und hat ein Diplom als tierpsychologische Beraterin I.E.T. Sie ist Präsidentin und Gründerin der Tierschutzorganisation NetAP – Network for Animal Protection und in ihrer Funktion häufig im Einsatz für Tiere in Not, sowohl in der Schweiz als auch im Ausland. Einen Schwerpunkt bilden dabei Kastrationsaktionen. Regelmässig schreibt sie Artikel über die Arbeit an der Tierschutz-Front und ihre Erfahrungen und Herausforderungen mit Tieren, insbesondere Katzen, denn Katzen sind ihre grosse Leidenschaft.

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