Katzen in Kriegszeiten: Kameraden wider Willen

Zu schwach ausgeprägt ist ihr Wunsch, dem Menschen zu gefallen, zu eigenwillig ihr Charakter: Bei einer Parade der Armeetiere stünden Katzen ganz am Rande. Doch obschon sie als wenig kriegstauglich gelten, setzen Armeen Katzen seit Jahrtausenden in Kriegen ein, etwa als Spion oder als Waffe, die auf die Seele zielt. Und nicht nur das: Abseits der Schlachtfelder irren hungrige Katzen durch zerbombte Städte. Ein Kaleidoskop von Katzenschicksalen in menschengemachten Kriegen.

Text: Eveline Schneider Kayasseh

Eigentlich war er für ein Leben in den Docks von Hongkong vorgesehen. Doch das Schicksal – oder war es die Vorsehung? – meinte es anders mit ihm. Er fuhr während des chinesischen Bürgerkriegs (1927–1949) zur See und wurde zum Helden. Sein Name: Simon. Seine besonderen Eigenschaften: Zähigkeit, Mut und Überlebenswillen.

Doch der Reihe nach: 1948 greift der junge Seemann George Hickinbotttom in den Docks von Hongkong einen schwarz-weissen Kater auf und schmuggelt das Tier an Bord der britischen Fregatte «HMS Amethyst». Rund ein Jahr später bekommt das Schiff den Befehl, zum Schutz britischer Botschaftsangehöriger Kurs auf Nanjing zu nehmen. Auf dem Fluss Jangtse wird die Fregatte von der chinesischen Volksbefreiungsarmee unter Beschuss genommen und schwer getroffen. Zahlreiche Seemänner sterben, Simon zieht sich Verbrennungen zu und wird durch Schrapnellsplitter schwer verletzt. Man gibt ihm keine Nacht zu leben.

Doch Simon hat andere Pläne: Er wird wieder gesund. Und während die beschädigte «Amethyst» während drei Monaten am Ufer des Jangtse vor Anker liegt, spendet er nicht nur verletzten Seemännern Trost, sondern rückt auch den zugewanderten Ratten in der Vorratskammer auf den Pelz. Trotzdem: Eine Sonderbehandlung bleibt Simon nach Dienstende verwehrt. Wie alle Tiere, die nach Grossbritannien einreisen, muss er in Quarantäne. Dort erliegt er Ende November 1949 den Komplikationen einer Virusinfektion. Hunderte wohnen seiner Beisetzung auf dem PDSA Animal Cemetery in Ilford bei. Posthum kommt Simon noch ganz gross raus: Ihm wird die Dickin-Medaille verliehen. Von Marie Dickin ins Leben gerufen, ehrt die Auszeichnung seit 1943 militärische Verdienste von Tieren. Damit ist sie das Gegenstück zum Victoria-Kreuz (Victoria Cross), das als höchste Kriegsauszeichnung an Soldaten verliehen wird. Simon ist übrigens bis heute die erste und einzige Katze, die mit der Medaille ausgezeichnet wurde.

Zwischen den Fronten

Wie Simon zeitlebens derselben Armee treu bleiben? Nichts für Kater Oscar. Um die Figur des deutschen Katers ranken sich etliche Legenden. Erzählt wird etwa folgende Version: Oscar ist an Bord des deutschen Schlachtschiffes «Bismarck», als der Kreuzer im Mai 1941 nach einem schweren Gefecht mit Einheiten der britischen Royal Navy in den Tiefen des Nordatlantiks verschwindet und zum nassen Grab für über 2000 Seeleute wird. Britische und deutsche Schiffe retten die wenigen Überlebenden, die im Meer treiben, unter ihnen Kater Oscar.

Lesen Sie den ganzen Artikel von Eveline Schneider Kayasseh im Katzen Magazin 4/2015.

geschrieben von:
Eveline Schneider-Kayasseh

Eveline Schneider-Kayasseh

Tiere bedeuteten Eveline Schneider Kayasseh schon in ihrer frühesten Kindheit enorm viel und gehören bis heute zu ihrem Alltag. Die studierte Juristin promovierte mit einer Dissertation zum Thema «Haftung bei Verletzung oder Tötung eines Tieres» und befasst sich neben ihrem Berufsleben in der Wissenschaft auch als freie Autorin vor allem mit den Themen Mensch-Tier-Beziehung, Tierrechte und Tierschutz aus einer schweizerischen und internationalen, historischen und aktuellen Perspektive.

Ihre Meinung interessiert uns – Kommentar schreiben


Name (erforderlich)

Webseite