Die Devon Rex – Lockige Kobolde

Die Devon Rex gehört nicht unbedingt zu den Katzenrassen, die von den Betrachtern auf Anhieb ins Herz geschlossen werden. Im Gegenteil – bei meinen Recherchen stiess ich immer wieder auch auf Aussagen wie: «Die mag ich nicht», oder: «Die finde ich gar nicht schön.» Zugegeben, mit ihrem O-beinigen Auftreten entsprechen Devon-Rex-Katzen nicht gerade dem Paradebeispiel einer grazilen, samtpfotigen Schönheit. Doch sie haben zweifellos ihre Reize, die bei näherem Kennenlernen auf fast wundersame Weise mit der für manchen Katzenfreund etwas gewöhnungsbedürftigen Optik weit mehr als nur versöhnen.

Die Geschichte der Devon Rex

Die Entstehungsgeschichte dieser Katzen mit dem gelockten oder gewellten Fell beginnt in der englischen Grafschaft Devonshire. Dort sah man Mitte des vergangenen Jahrhunderts einen gelockten Kater, der in der Nähe einer Zinnmine herumstreunte. Der Gedanke an eine gezielte Zucht dieser ungewöhnlichen Katzenart war schnell geboren, doch alle Versuche, den Kater einzufangen, scheiterten. Damit war die Idee einer neuen Rasse ebenso schnell wieder gestorben. Doch die Natur erwies sich als hilfreich. 1960 fiel bei Beryl Cox in einem Hauskatzenwurf ein Sohn des Streuners mit dem gleichen eigentümlichen Fell. Er bekam den Namen Kirlee und über Verpaarungen mit Britisch-Kurzhaar- und Burma-Katzen begann man, eine stabile Zuchtlinie aufzubauen. Der schwarzgelockte Kirlee wurde zum Stammvater aller künftigen Devon-Rex-Katzen. Der Name wurde übrigens abgeleitet von den kraushaarigen Rex-Kaninchen und bekam den Zusatz «Devon» wegen des Gebietes, in dem diese Variante zuerst gesichtet wurde. Andere Rex-Katzen sind die Cornish und die German Rex. Beide Rassen beruhen auf einem «eigenen» Locken-Gen, das nicht mit dem Devon-stämmigen kombinierbar ist. Jegliche Zuchtversuche dieser Art scheiterten, wie beispielsweise die Verpaarung von Kirlee und einer Cornish-Rex-Kätzin namens Kallibunker.

Wie sich schnell herausstellte, folgt das verantwortliche «Locken-Gen» einem rezessiven Erbgang. Das bedeutet, dass dieses Gen von einem gelockten Elternteil zwar immer weiter vererbt wird, die Locken bei den Kindern jedoch nur dann gezeigt werden können, wenn beide Elternteile über dieses spezielle Gen verfügen. Dabei ist es durchaus möglich, dass ein glatthaariger Vater (oder eine glatthaarige Mutter) das Gen ihrerseits von ihren Vorfahren geerbt haben, dieses aber nicht zeigen konnten, weil der «zweite Teil» vom anderen Elternteil nicht beigesteuert wurde. So konnten aus der ersten Verpaarung zwischen Kirlee und einer glatthaarigen Katze keine gelockten Kitten hervorgehen. Aber alle verfügten nun über ein verdeckt getragenes Locken-Gen. Über gezielte Verpaarungen zwischen diesen Geschwistern fielen dann (statistisch betrachtet) jeweils fünfzig Prozent gelockte und fünfzig Prozent glatthaarige Kätzchen – je nachdem, ob sich die Locken-Gen-Paare in den befruchteten Eiern zusammenfanden oder nicht. Das weitere Vorgehen war dann relativ einfach: Zwei gelockte Eltern können nur noch gelockte Kinder zeugen, der Weg für eine gezielte Zucht der Devon Rex war frei.

Die ersten Devon-Rex-Katzen wurden 1965 auf Ausstellungen in England gezeigt. Doch die Akzeptanz bei den Besuchern war eher verhalten, es ging so weit, dass der neuen Rasse sogar die Katzenartigkeit abgesprochen wurde. Aber es gelang auch, viele Interessierte im In- und Ausland zu finden, die bereit waren, sich näher auf die Lockenträger einzulassen und sich von ihnen faszinieren zu lassen. Bereits zwei Jahre später, 1967, erfolgte die Anerkennung durch den britischen Governing Council Cat Federation (GCCF). Die amerikanische Cat Fanciers Association (CFA) liess sich damit allerdings weitere zwölf Jahre Zeit, hier erfolgte die Anerkennung der Devon Rex erst 1979.

Die Entwicklung

1974 gelangten die ersten Devon-Rex-Katzen nach Deutschland. Hier ist es besonders der Züchterin Lidy Dirks-Frijhoff zu verdanken, dass die Rasse etabliert und populär wurde. Dank ihres Engagements sind seit Beginn der 80er-Jahre des vorigen Jahrhunderts die Devon Rex auf FIFé-Ausstellungen stets gut vertreten. Die eigentliche Zuchtarbeit begann allerdings erst, nachdem es gelungen war, einen kleinen Gen-Pool reinerbig lockiger Katzen zu schaffen. Mit den gewellten Haaren allein war es nämlich nicht getan. Das Fell wuchs an bestimmten Körperstellen nur spärlich oder auch gar nicht. Aus den frühen Zuchtjahren sieht man häufig Tiere mit kahlem Hals und/oder kahler Brust. Noch kritischer zeigt sich naturgemäss die Bauchregion – kleine «Nackedeis» findet man diesbezüglich bis heute. Das Fell soll sehr kurz und dicht sein, soll sich weich anfühlen und die feine Struktur darf nicht von Grannenhaaren durchsetzt sein. Locken oder Wellen sind gleichermassen gerne gesehen. Erschwert wird eine gute Selektionsarbeit durch die spezielle Eigenheit des gewellten Fells: Es wächst sehr langsam. Oft ist bei einer Jungkatze erst mit drei Jahren die Entwicklung abgeschlossen.

Der erfahrene Züchter sieht zwar meistens schon bei der Geburt, welches Potenzial die bereits vorhandene Wellung in sich birgt, doch gerade im üblichen Abgabealter von etwa dreizehn Wochen präsentieren sich die kleinen Kobolde nicht selten im allerdünnsten «Kleidchen». Um die Tiere mit dem besten Haarkleid für die Zucht zu bestimmen, gehört neben Erfahrung aber immer auch eine kleine Portion Glück. Wegen dieser Problematik haben sich in den ersten Jahren viele Züchter überwiegend mit der Verbesserung der Haarstruktur befasst und die anderen Rassemerkmale daher nur zweitrangig bewertet. Eine andere, ebenfalls recht grosse Gruppe Züchter stellte den eigenwilligen Kopf der Devon Rex in den Vordergrund. Wie bei keiner anderen Katzenrasse wird vor allem bei der Devon Rex der Kopf direkt koboldhaft gewünscht: ein auf die Spitze gestelltes Dreieck, das durch eine flache Schädeldecke über einer gerundeten Stirn leicht «gestaucht» wirkt. Dazu ein kurzes Näschen, das den Eindruck eines Stopps erweckt, grosse Augen und übergrosse, an der Basis sehr breite Ohren. Hier sahen Züchter grosses Entwicklungspotenzial – und so stand das Fell erst weiter hinten auf der Prioritätenliste. Da ergab es sich fast zwangsläufig, dass über lange Zeit in den zwei grossen Gruppen nebeneinander, aber nur selten miteinander gezüchtet wurde. Auf Ausstellungen sah man Devon-Rex-Katzen mit tollem, typvollem Kopf und mässig gutem Fell oder eben genau das Gegenstück dazu mit superschönem Lockenlook und weniger ausgeprägten Schädelmerkmalen. Erst als der Austausch unter diesen beiden Gruppen begann, gelang es endlich, schöne, standardgerechte Exemplare zu züchten.

Inzwischen sind zu der ursprünglichen Farbe Smoke alle erdenklichen Farben, Sorten und Muster hinzugekommen. Selbst die über Siam hineingekreuzten Points sind erlaubt. Dabei bedeutete dieser Outcross (so bezeichnet man das Einkreuzen einer Fremdrasse) erst einmal eine deutliche Einbusse bereits erreichter Zuchtmerkmale, wegen der Verschiedenheit der beiden Typen. Aber dank sorgfältiger Selektion findet man heute standardkonforme Point-Devon-Rex-Katzen.

Sie sind anders

Vielleicht erinnert sich der eine oder andere Leser noch an die gemeinen kleinen Kinokobolde aus dem Jahre 1984, die Gremlins. Angeblich standen Rex-Katzen bei ihrer Erschaffung Pate. Schaut man sich die Gesichter an, so erscheint das durchaus glaubhaft. Lernt man ihren Charakter kennen, so entdeckt man auch hier Parallelen, allerdings fehlt die Bösartigkeit der kleinen Kinomonster bei den echten Koboldkatzen völlig. Die temperamentvollen Devon-Rex-Katzen sind durchweg freundlich, sehr sozial und intelligent. Sie spielen gerne und viel und bis ins hohe Alter. Doch am liebsten kuscheln sie mit ihren Menschen. Wobei notfalls auch ein Besucher herhalten kann, wenn der «eigene» Mensch gerade mal nicht zur Verfügung steht. Davon konnte ich mich anlässlich eines Fototermins reichlich selbst überzeugen: Kaum hatte ich das Wohnzimmer der Züchterin betreten, schon sprang mit einem eleganten Satz eine rote Rex-Lady auf meine Schulter und nahm wie selbstverständlich meinen reflexartig leicht angehobenen Arm als zusätzliche Stütze gerne an, um es sich auf mir gemütlich zu machen. Von ihrer rassetypischen Durchsetzungsfähigkeit bekam ich ebenfalls eine Kostprobe: Ich war an diesem Nachmittag zu ihrem Kuschelplatz gekürt worden, und darauf bestand die junge Lockenmieze. Setzte ich sie behutsam nach unten, so nutzte sie die nächste Gelegenheit zum erneuten Aufstieg. Dabei ging sie ausgesprochen schonend mit mir um, ich bekam nicht einen Kratzer ab. Mehr und mehr begann ich, die Faszination zu fühlen, die diese drolligen Kampfschmuser auslösen können.

Besonders auffällig ist ihre Körpertemperatur. Sie lieben die Wärme und sie fühlen sich angenehm warm an. Das feine, wellige Fell besteht fast nur aus Unterwolle und ist somit nicht optimal als Wärmeschutz geeignet, der Körper gibt viel Wärme an das Umfeld ab. Um das ausgleichen zu können, ist der Stoffwechsel dieser Tiere erhöht, was sich in einem erstaunlich hohen Nahrungsbedarf niederschlägt. Nimmt man einen dieser kleinen Kobolde auf den Arm, so wundert man sich, woher das Gewicht kommt. Diese zierlich wirkenden Tiere bestehen anscheinend nur aus Muskelmasse und sind schwerer, als man vermutet.

Die Pflege gestaltet sich sehr einfach. Kämmen ist völlig überflüssig, ja sogar ungeeignet für das feine Fell. Wer sein Rexchen liebt, der «streichelt» es aber gerne mit einer weichen Bürste, denn das geniesst es sehr. Weniger anspruchslos wird die Haltung, wenn es um das Zusammenleben geht. Diese Rasse fordert ihren Menschen, will eng mit ihm zusammen sein, ihn hautnah spüren, möglichst immer und überall dabei sein und aktiv mitmachen, was auch immer gerade ansteht. Das Alleinsein mag sie gar nicht, ein Katzenoder anderer vierbeiniger Kumpel ist ebenso Pflicht wie eine selten müde Streichelhand. Die Devon Rex passt sehr gut zu Familien mit Kindern, denn wo Kinder sind, da ist Action; und das lieben sie.

Für Allergiker geeignet oder doch nicht?

Immer wieder hört und liest man, dass neben den haarlosen Sphinx-Katzen auch die gelockten Varianten für Allergiker als verträglich gelten. In bestimmten Fällen entspricht das den Tatsachen, doch eine allgemein gültige Aussage ist dazu nicht möglich. Die sogenannte «Katzenhaarallergie» ist nämlich eigentlich eine «Katzenhautschuppen/Speichelallergie». Die allergische Reaktion wird durch das Einatmen mikrofeinster getrockneter Speichel/Hautgemische verursacht. Insofern liegt es auf der Hand, dass auch bei den Rex-Rassen gesundheitliche Probleme auftreten können. Bei weniger stark ausgeprägten Allergien kann die Belastung durch das deutlich verringerte Haarvolumen und somit die geringere Verteilung des Allergens unmerklich oder minimiert sein. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass ein medizinisch positiver Test nicht zwingend zu spürbaren allergischen Reaktionen führt. Es empfiehlt sich daher auf jeden Fall ein mehrere Stunden andauernder Vor-Ort-Test mit intensivem Hautkontakt zu den Tieren. Verläuft das unbelastet, so könnte ein ungetrübtes Zusammenleben mit Rex-Katzen möglich sein, eine Garantie ist aber leider auch das nicht.

 

FIFé-Standard (zusammengefasste Übersetzung)

Allgemein: Die Devon Rex ist mittelgross.

Kopf:
Form: Kurzer Keil; die Stirn wölbt sich rückwärts zu einem flachen Schädel. Stirn: Gerundet.
Wangen: Hervorstehende Wangenknochen, volle Wangen.
Nase: Kurz, wobei die runde Stirn den Eindruck eines Nasenstopps verursacht.
Schnauze/Kinn: Kurze Schnauze mit einem starken Kinn und deutlichem Schnurrhaaransatz.
Schnurrhaare/Augenbrauen: Knittrig gewellt, eher grob und vonmittlerer Länge.

Ohren: Gut bedeckt mit feinem Fell, mit oder ohne Haare, welche aus einer Hautfalte hinter den Ohren wachsen und eine Art «Ohrmuff» bilden. Ohrform: Sehr gross, sehr breit am Ansatz, spitz zulaufend bis zu den gerundeten Ohrspitzen. Platzierung: Sehr niedrig angesetzt.

Augen: Augenform: Grosse, ovale Form; weit auseinander gesetzt; leicht schräg in Richtung des äusseren Rands der Ohren. Augenfarbe: Rein und klar in der Farbe.

Hals: Lang und schlank.

Körper: Mittellang, fest und muskulös, schlank. Breite Brust.

Beine: Lang und schlank. Länge der Hinterbeine sollte betont sein und die Vorderbeine auf dem Körper sitzen, so dass ein etwas O-beiniger Eindruck entsteht. Pfoten: Klein und oval.

Schwanz: Lang, fein und spitz zulaufend; gut bedeckt mit kurzem Fell.

Fellstruktur: Sehr kurz und fein; weich, gewellt und/oder lockig, mit oder ohne Leithaaren.

Fellfarben: Alle Farben, Sorten und Muster sind zulässig, einschliesslich aller Farbvarianten mit Weiss, jeglicher Weissanteil ist zulässig.

Bemerkungen: Viele Devon Rex haben am Bauch nur Unterwolle; komplett behaart wird bevorzugt.

Fehler:
Kopf: Schmal, lang-orientalisch geformt; breit in der Art der Britisch Kurzhaar-Katzen.
Ohren: Kleine Ohren; zu hoch angesetzte Ohren.
Körper: Stämmiger Körper; Mangel an festen Muskeln.
Schwanz: Kurzer Schwanz; kahler oder buschiger Schwanz.
Fell: Glattes Fell; zottiges Fell; kahle Stellen (Fehler bei Kitten; schwerwiegender Fehler bei ausgewachsenen Tieren).

 

Text: Hannelore Büchner-Mack

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geschrieben von:
Hannelore Büchner

Hannelore Büchner

Hannelore Büchner-Mack ist im Berufsleben gelernte Setzerin und lange Zeit in unterschiedlichen Branchen selbständige Unternehmerin gewesen. Bis Ende 2010 führte sie einen Catering-Service in Hamburg. Seit sie diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, befindet sie sich im vorzeitigen Ruhestand. Sie hat beinahe ihr ganzes Leben mit Tieren gelebt. Ihre besondere Liebe galt von jeher den Katzen und mindestens ein Samtpfötchen teilte immer ihren Alltag. Seit 1990 züchtet sie in kleinem Rahmen Ragdolls und fast genau so lange schreibt sie als freiberufliche Autorin für diverse Katzenzeitschriften. Für das Katzen Magazin war sie erstmalig 1999 tätig.

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