Monika Stillhart leitet die Seniorentagesstätte SenTa in Bütschwil SG. Ihr Kater Mex ist der Liebling der alten Menschen.
Kater Mex ist in der Seniorentagesbetreuung der kleine Pflegefachmann. Er umgarnt alle Gäste, vor allem Demenzkranke haben es ihm angetan. Er zeigt sehr viel Wärme und Verständnis. Wo ich als Pflegefachfrau an Grenzen stosse, öffnet er Türen. Das ist immer wieder beeindruckend.
Ein Mann zum Beispiel wollte gar nicht erst hierherkommen. Er war sehr abweisend. Ich hatte keine Chance, Zugang zu ihm zu finden. Mex hat das gemerkt und ist die ganze Zeit um ihn herumscharwenzelt – bis der Mann anfing, mit ihm zu reden. Ich traute meinen Ohren kaum. Doch der Mann taute mehr und mehr auf, öffnete sich und endlich habe auch ich einen Zugang zu ihm gefunden. Am Abend wollte er dann gar nicht mehr nach Hause gehen. Ich musste ihn am Arm nehmen und nach draussen begleiten, wo ihn die Angehörigen schon erwarteten.
Ein anderer Mann hat Mühe mit dem Einschlafen. Wenn er sich für das Mittagsschläfchen hinlegt, legt sich Mex immer zu ihm, bis er eingeschlafen ist. Danach macht der kleine Pfleger seinen obligaten Kontrollgang bei den anderen ausruhenden Gästen. Falls etwas nicht in Ordnung ist, jemand zum Beispiel einen Hustenanfall hat, kommt Mex zu mir und miaut so lange, bis ich reagiere und ihm folge.
Mex ist sonst eher etwas ängstlich. Wenn zu Hause Besuch kommt, versteckt er sich. In der Tagesstätte hingegen fühlt er sich sicher und wohl. Er lässt von den Senioren sogar mehr zu als von mir. Und sie haben eine Riesenfreude an ihm. Beim «Zmorge» begrüsst er jeden Einzelnen. Er bettelt nicht – Mex hat Manieren. Wenn ihm aber jemand ein Rädli Wurst gibt, ist er nicht abgeneigt. Auch nicht, wenn jemand mit ihm spielen will. Mex zieht sich selten zurück; er geniesst die Zeit mit den Senioren. Und er sorgt für Betrieb. Mit ihm gibt es immer etwas zu lachen. Mex ist in der SenTa unentbehrlich. Sogar die Angehörigen unserer Gäste fragen nach ihm, weil sie wissen, wie gut der Kater den alten Menschen tut.
Ich habe Mex von klein an an die Senioren gewöhnt. Vor bald sieben Jahren habe ich ihn von einem Bauernhof geholt. Seine Mutter hat ihn immer wieder verschleppt und unsanft behandelt. Der Bauer hat deshalb gemeint, ich solle ihn abholen. Mex war damals erst fünf oder sechs Wochen alt, eigentlich viel zu früh, um ihn von der Mutter zu trennen. Aber es war wohl das Beste für ihn. Zum Glück hatte ich damals viel Zeit, sodass ich mich intensiv um ihn kümmern konnte. Meine Hoffnung war, dass Lisa, meine andere Katze, die Mutterrolle übernimmt. Aber diese Hoffnung hat sich schnell zerschlagen. Lisa hat mich immer wieder attackiert, wenn der kleine Butz da war. Und ihn hat sie auch ständig gepiesackt, dabei ist sie absolut nicht zu kurz gekommen.
Lisa habe ich im März vor sieben Jahren aus dem Tierheim geholt. Sie war keine Schönheit und kaum vermittelbar. Sie hatte einen schrägen Kiefer; Lisa muss einen heftigen Unfall gehabt haben. Sie kratzt und zwickt, ist ein richtiges «Wadengumperli». Das geht natürlich nicht in der Aktivierung. Als ich sie damals im Tierheim aber auf den Schoss genommen habe, hat sie gleich geschnurrt. Da war der Braten natürlich gegessen. Klar habe ich sie mit nach Hause genommen.
Zwar springt sie auch mir ab und zu an die Wade, aber in der Regel ist Lisa sehr anhänglich und verschmust. Sie schaut, dass ich zeitig ins Bett gehe und am Morgen nicht verschlafe. Abends streicht sie um meine Beine und wenn ihre biologische Uhr sagt, dass es höchste Zeit ist fürs Bett, ich aber noch vor dem Fernseher hocke, dann schnappt sie nach meinen Füssen oder Beinen. Am Morgen legt sie sich zu mir, mauzt mir ins Ohr und wenn ich nicht reagiere, legt sie sanft ihre Pfote auf meine Wange. Wenn auch das nichts nützt, dann fährt sie die Krallen aus und «chräbelt» mich sanft. Das nützt meistens. Dank Lisa brauche ich keinen Wecker.
Auch Mex ist ein Frühaufsteher. Heute hat er mich um 3 Uhr geweckt. Für solche Fälle habe ich zwei geladene Wasserpistolen neben dem Bett. Bei aller Katzenliebe – bis 5.30 Uhr müssen sie mich schlafen lassen. Ja, die beiden sind sehr besorgt um mich.
Mittlerweile vertragen sich Lisa und Mex ziemlich gut. Am Anfang musste ich den Kater immer isolieren, bevor ich ausser Haus ging. Lisa hätte ihn sonst geschnappt und «verhuddlet», sie hat ihn ständig gepiesackt. Eines Tages, Mex war halbwüchsig, ist sie wieder einmal in der Wohnung herumstolziert wie eine Diva. Mex hat sich versteckt. Als Lisa an ihm vorbeistolzierte, hat er sich auf die Hinterpfoten gestellt und ihr mit der Pfote eins aufs Hinterteil gegeben. Seither akzeptiert sie ihn. Einigermassen zumindest. Es ist eine Art Hassliebe zwischen den beiden.
Wenn ich mit Mex in die Tagesstätte fahre, bleibt Lisa allein zu Hause. Das geht gut; sie braucht ihre Ruhe. Meine Nachbarn haben einen Schlüssel und besuchen sie gelegentlich. Aber Lisa geniesst es, auch mal alleine zu sein. Und Mex geniesst es bei den Senioren.
Aufgezeichnet von Andreas Krebs, Fotos: zVg