Tischlein deck‘ dich: Artgerechte Fütterung der Katze

Die artgerechte Ernährung der Katze – also die Frage, welche Futtermittel in welcher Zubereitungsform die ernährungsphysiologischen Bedürfnisse der Katze am besten erfüllen, wird seit Längerem intensiv erforscht und bisweilen kontrovers diskutiert. Viel weniger Aufmerksamkeit wird hingegen der artgerechten Fütterung der Katze gewidmet. Dabei hat die Art und Weise, wie der Katze täglich das Futter gereicht wird, mindestens ebenso grossen Einfluss auf deren körperliches und psychisches Wohlergehen – vor allem, wenn es sich um reine Wohnungskatzen handelt.

von Nicole Schulte-Kulkmann

Unsere Hauskatzen (Felis silvestris catus) stammen von der afrikanischen Falbkatze Felis silvestris lybica ab. Diese lebt als einzelgängerischer Jäger und ernährt sich hauptsächlich von kleinen Säugetieren, Vögeln, aber auch Insekten. Da die Beutetiere jeweils nur sehr klein sind, benötigt die Falbkatze etwa zehn bis 20 Beutestücke pro Tag. Der Grösse der einzelnen Mahlzeit angepasst, ist der Magen der Katze relativ klein: er fasst nur 30 bis 45 Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht.

Auch das Jagdverhalten der Falbkatze leitet sich von der Grösse der Beutetiere ab. Da jede Mahlzeit nur einen geringen Nährwert bietet und zudem weniger als 50 Prozent der Jagdversuche erfolgreich sind, ist der Jagdtrieb sehr stark ausgebildet: Die Falbkatze jagt zu jeder sich bietenden Gelegenheit – sie kann es sich nicht leisten, nur dann zu jagen, wenn sie hungrig ist. Aufgrund der geringen Erfolgsquote läuft sie Gefahr, nicht rechtzeitig Nahrung zu erlegen und zu verhungern. Ob die jeweilige Beute dann auch gefressen wird, hängt dagegen tatsächlich vom Hunger ab.

Die Domestizierung der Falbkatze, die vor etwa 10  000 Jahren begann, nahm – im starken Gegensatz zur Domestizierung des Hundes – kaum Einfluss auf deren Verhaltensweise. Im (eher losen) Zusammenleben mit den Menschen blieb die Katze ein einzelgängerischer Jäger kleiner Beutetiere. Daran änderten auch die gezielte Zucht und Haltung als reines Haustier ab Ende des 19. Jahrhunderts kaum etwas. Unsere heutige Hauskatze wird nach wie vor von einem konstant vorhandenen Jagdtrieb angetrieben.

Da sowohl die Erfüllung der ernährungsphysiologischen Bedürfnisse als auch die Möglichkeit, artspezifische Verhaltensweisen (Jagdtrieb) adäquat ausleben zu können, für die physische und psychische Gesundheit der Katze von elementarer Bedeutung sind, muss sich auch die Art der Fütterung am Wesen der Katze orientieren: Im Grundsatz geht es also darum, möglichst viele, möglichst kleine Futterportionen anzubieten und der Katze gleichzeitig Gelegenheit zu geben, den ständig vorhandenen Jagdtrieb auszuleben.

Fütterung ohne Napf

Diese beiden Anforderungen lassen sich sehr gut mit der «Fütterung ohne Napf» erfüllen: Diese in der letzten Zeit stärkere Verbreitung erfahrende Art des Fütterns besteht darin, der Katze das Futter nicht mehr in einem Futternapf zu reichen, sondern stattdessen jeweils sehr kleine Futtermengen in «Futterspielen» (Food Puzzles) ganz unterschiedlicher Art zu verstecken.

Hier gibt es verschiedene Ausführungen. Stationäre, feststehende Modelle sind eher darauf ausgelegt, dass die Katze Geschicklichkeit anwenden muss, um an die Futterhäppchen zu gelangen beziehungsweise den Mechanismus erst verstehen muss, der zur Freigabe des Futters führt. Auf diese Weise werden die motorischen und kognitiven Fähigkeiten der Katze angesprochen und trainiert.

Dynamische Modelle geben das Futter erst dann frei, wenn die Katze sie zum Beispiel über den Boden rollt oder anderweitig in Bewegung setzt. Auch hier muss sich die Katze die Funktionsweise des Futterspiels erst erarbeiten. Zusätzlich wird sie, insbesondere bei den rollenden Modellen, auch körperlich aktiv, um an das Futter zu gelangen, was bei Übergewicht und einigen anderen Erkrankungen von Vorteil ist.

Darüber hinaus gibt es Modelle, die in Form und Textur die Beute imitieren. Dieses Futterspiel hat etwa die Grösse einer Maus und ist mit einem weichen Überzug versehen, in dem die Katze mit ihren Krallen Halt findet. So ist eine natürliche Interaktion mit dem Futterspiel möglich: Die Katze kann sich in das Spielzeug verbeissen, es mit den Krallen bearbeiten, umherwirbeln etc., genau so, wie sie es mit einem Beutetier täte. Das währenddessen nach und nach freigegebene Futter imitiert den Verzehr der Beute.

Während die oben beschriebenen Modelle, vor allem die rollbaren und Beutetier imitierenden, die von der Katze entsprechend manipuliert werden können, aus hygienischen Gründen vorzugsweise mit Trockenfutter bestückt werden, gibt es auch Futterspiele, die ausdrücklich für den Einsatz mit Nassfutter vorgesehen sind. Hier wird das Futter in kleine Mulden oder Rinnen gestrichen oder auf spezielle Matten aufgebracht. Die Katze muss das Futter aus den Vertiefungen herauslecken; dies trainiert Zunge und Maulmuskulatur und imitiert das Ablecken von Knochen eines Beutetiers.

Praktischer Einsatz

In der Praxis sollten Futterspiele immer so ausgelegt sein, dass ihr Schwierigkeitsgrad eine Herausforderung für die Katze darstellt. Gelangt die Katze ohne jede Schwierigkeit an das Futter, ergibt sich kein Vorteil gegenüber der konventionellen Fütterung aus dem Napf. Vor allem bei beweglichen Modellen können die Öffnungen häufig variabel eingestellt werden. Im Idealfall sollte die Katze nicht bei jeder Manipulation des Futterspiels erfolgreich sein, sondern sich mehrfach bemühen müssen, bevor das Spiel eine Portion Futter freigibt.

Manche Katzen werden hier etwas Training benötigen. Das heisst, man beginnt bei einem neuen Futterspiel mit einer leichten Einstellung, sodass die Katze den Mechanismus erlernen kann und auch schnell motivierende Erfolgserlebnisse hat. Ist dies gelungen, wird das Futterspiel nach und nach immer anspruchsvoller eingestellt, damit die Katze mehr Mühe aufwenden muss, um es erfolgreich zu manipulieren.

Futterspiele werden von vielen Haltern bereits ergänzend zur Fütterung von Snacks eingesetzt. Ihren vollen Nutzen hinsichtlich einer möglichst artgerechten Fütterung erfüllen sie aber erst, wenn sie als alleinige Fütterungsmethode eingesetzt werden. Hierbei sind einige Dinge zu beachten, die sich in der Praxis als besonders förderlich für die Motivation der Katze und damit den langfristigen Erfolg dieser Fütterungsmethode erwiesen haben. 

Zum einen sollten verschiedene Modelle, wie stationäre und bewegliche, abwechselnd kombiniert eingesetzt werden, um sowohl Gewöhnungseffekten als auch Motivationsverlust wegen Eintönigkeit vorzubeugen. Auch sollten die verschiedenen Futterspiele an wechselnden Orten im Haus oder in der Wohnung aufgebaut werden. Auf diese Weise muss die Katze die Stellen, an denen Futter zu erwarten ist, immer neu aufspüren und wechselnde Techniken anwenden, um an das Futter zu gelangen. Auf diese Weise werden die Herausforderungen der natürlichen Jagd möglichst genau nachgestellt, und die Katze ist lange beschäftigt. Dagegen ist die tägliche Verwendung von immer demselben Futterspiel an immer derselben Stelle ebenso wenig herausfordernd wie die konventionelle Fütterung aus dem Napf.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Futterspiele – ebenso wie die natürliche Jagd – die Katze auf verschiedenen Ebenen fordern. Zum einen müssen Probleme gelöst werden: «Wie gelange ich an das Futter?», was die kognitiven Fähigkeiten der Katze schult. Zum anderen werden Geschicklichkeit und verschiedenste Muskelgruppen trainiert. Die Katze muss ihre Pfoten einsetzen, um die Futterstücke aus kleinen Öffnungen herauszufummeln oder ihre Zunge richtig strecken, um Futter aus Vertiefungen zu schlecken. Schliesslich wird die Katze bei den mobilen Modellen körperlich aktiv, indem sie das Futterspiel immer wieder anstossen und hinter diesem herlaufen muss, damit es in Bewegung bleibt und die Futterstücke freigibt. 

Prophylaxe und begleitende Therapie

Aus den genannten Gründen ist die Fütterung ohne Napf sehr gut zur Prophylaxe und als begleitende Therapie diverser Erkrankungen geeignet. Ein paar Beispiele dafür schauen wir uns genauer an.

Verhaltensauffälligkeiten

Reine Wohnungskatzen leben meist in einer relativ reizlosen Umgebung und haben im Vergleich zu ihren wildlebenden Artgenossen oder solchen mit Freigang nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, ihr natürliches Verhaltensrepertoire auszuleben. Dazu zählt zuvorderst auch die Jagd. Wildlebende Katzen verbringen täglich bis zu zwölf Stunden mit dem Aufspüren und Erlegen von Beute. Da der Katze das Futter üblicherweise im Napf serviert wird, muss sie sich nicht mehr um die Nahrungsbeschaffung kümmern und verfügt dementsprechend über sehr viel freie Zeit – die Folge sind Langeweile und Unterforderung. Langeweile wiederum kann Apathie oder auch Furchtsamkeit hervorrufen, wobei vor allem Letztere zu Verhaltensauffälligkeiten oder auch körperlichen Erkrankungen führen kann, insbesondere, wenn die Furchtsamkeit chronisch wird. 

Typische Verhaltensauffälligkeiten sind unter anderem:

  • exzessives Vokalisieren
  • Zwangshandlungen, wie zum Beispiel übermässiges Putzen
  • auf den Besitzer umgeleitete Aggression
  • Überfressen oder Stressfressen
  • Rückzug bis hin zur Depression  

Wenn die Futterspiele immer wieder neu in der Wohnung verteilt werden, verbringt die Katze durch die Fütterung ohne Napf deutlich mehr Zeit mit dem Aufspüren und Erarbeiten der Nahrung. Dies beugt Langeweile vor, fordert die Katze kognitiv und erlaubt es ihr, ihren natürlichen Jagdtrieb auszuleben.

Übergewicht

Übergewicht ist ein sehr häufiges Problem, das zu schweren gesundheitlichen Schäden führen kann. Mit der Fütterung ohne Napf wird die Nahrungsaufnahme deutlich verlangsamt, da die Katze sich die einzelnen Futterhappen erst erarbeiten muss. Zudem wird sie nur so lange fressen, wie der Hunger gross genug ist, dass er die Mühe der Futterbeschaffung rechtfertigt. Die Katze wird also nicht unkontrolliert fressen und auch mit kleinen Futterportionen zufrieden sein, was das Durchhalten einer Reduktionsdiät (vor allem für die Halter) erleichtert.

Zusätzlich muss die Katze zur Futteraufnahme körperlich aktiv werden, insbesondere, wenn bewegliche Futterspiele eingesetzt und diese in der ganzen Wohnung verteilt werden. Dadurch wird Energie verbrannt und Muskelmasse aufgebaut.

Harnwegserkrankungen 

Erkrankungen der unteren Harnwege (Feline Lower Urinary Tract Disease – FLUDT) gehen häufig mit dem Vorhandensein von Harnsteinen einher. Die Entstehung derartiger Steine ist multifaktoriell, eine Rolle spielt der pH-Wert des Urins. Ist dieser zu hoch, begünstigt dies die Entstehung von Struvitsteinen. Der pH-Wert des Urins steigt nach der Futteraufnahme natürlicherweise an, da die Nieren dann alkalisierende Ionen ausscheiden, um die vermehrte Magensäure zu kompensieren und das Säure-Basen-Gleichgewicht des Organismus aufrechtzuerhalten. Dabei steigt der pH-Wert umso mehr an, je mehr Futter die Katze auf einmal zu sich nimmt. Auch hier kann die Fütterung ohne Napf helfen: Durch die verringerte Futtermenge je Mahlzeit steigt der pH-Wert des Urins nach jeder Mahlzeit nicht so stark an und sinkt schneller wieder in den sicheren Bereich.

Stress scheint ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Harnwegserkrankungen bei der Katze zu spielen, vor allem bei der Felinen Idiopathischen Zystitis (FIC), der Blasenentzündung. Die Fütterung ohne Napf wirkt Langeweile und Unterforderung, die zu Stress führen können, entgegen.

Verdauungsprobleme durch Überfressen oder Stressfressen

Gerade in Mehrkatzenhaushalten kommt es häufig zu Spannungen zwischen den einzelnen Mitgliedern der Katzengruppe, was zu mehr oder weniger stark ausgeprägtem (chronischem) Stress führen kann. Gerade, wenn die Katzen zur selben Zeit gemeinsam in einem Raum gefüttert werden, kann dies bei einzelnen Individuen zu «Stressfressen» führen: Die Katze nimmt sehr schnell sehr viel Nahrung auf, da sie die Ressource «Futter» durch die anderen anwesenden Katzen bedroht sieht und fürchtet, zu einem späteren Zeitpunkt leer auszugehen. Dies kann zu einer Überladung des Magens führen und damit zu Verdauungsbeschwerden und Erbrechen. Der Magen einer vier Kilogramm schweren Katze fasst nur etwa 120 bis 180 Milliliter. Darüber hinaus nimmt die Katze durch das «Stressfressen» regelmässig mehr Kalorien zu sich, als sie tatsächlich benötigt, was mittel- bis langfristig in Übergewicht mit allen daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf die Gesundheit resultiert.

Werden in einem Mehrkatzenhaushalt die einzelnen Mahlzeiten mithilfe von mehreren Futterspielen (Anzahl grösser als Mitglieder der Katzengruppe) verteilt auf verschiedene Räume angeboten, lässt sich die Nahrungsaufnahme stressfreier gestalten. Die Katzen sehen einander beim Fressen nicht, und «der Schnellste» wird durch die Beschäftigung mit dem Futterspiel wirksam ausgebremst. Zurückhaltendere Tiere stehen somit nicht unter Druck, in kurzer Zeit so viel wie möglich zu fressen, bevor sie vom Napf vertrieben werden. Eine derartige Stressreduktion sowie die Möglichkeit für alle Katzen, ihr natürliches Jagdverhalten auszuleben, kann sich auch positiv auf die Beziehungen innerhalb der Gruppe auswirken und helfen, Spannungen zu reduzieren.

Fazit

Gegenwärtig ist das Anbieten von zwei grossen Mahlzeiten am Tag aus dem Napf an stets derselben Futterstelle immer noch die gängige Fütterungsmethode bei Katzen – es ist ja für den Halter auch weitgehend aufwandsfrei und schnell erledigt. Sie entspricht jedoch in keiner Weise dem natürlichen Fressverhalten der Katze. Die Fütterung ohne Napf dagegen erlaubt es der Katze, viele kleine Portionen über den Tag verteilt zu sich zu nehmen. Dies entspricht dem «Bauplan» ihres Verdauungssystems. Darüber hinaus muss jede Mahlzeit erarbeitet werden, und die Katze kann ihren ständig vorhandenen Jagdtrieb ausleben. Dies leistet einen wichtigen Beitrag zur artgerechten Haltung der Katze und hilft bei Vorbeugung und Behandlung einer Reihe von Erkrankungen.  

Nicole Schulte-Kulkmann ist Tierheilpraktikerin (VDT), führt eine mobile Tierheilpraxis für Katzen sowie eine mobile Katzen- und Kleintierbetreuung. www.katz-daheim.de

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